Lily - Pierre Perret

Lily

Deutsche Adaption D. Kaiser

Man fand sie eigentlich ganz hübsch, Lily.
Sie kam daher aus dem Mali, Lily,
mit Flüchtlingen in einem Boot
die alle kamen, aus purer Not,
zu leeren Mülltonnen für Brot.

Sie glaubte Menschen seien gleich, Lily,
im Land von Goethe und Heinrich Heine, Lily.
Doch gilt in Pianisten-Kasten,
eine weiße für zwei schwarze Tasten.
Das ist ein Höllenunterschied.

Sie liebte Freiheit gar so sehr, Lily,
sie glaubte an Brüderlichkeit, Lily.
In ein Hotel ging sie hinein.
Man schickte sie gleich wieder raus.
Es dürften nur Weiße in dies Haus.

Kisten und schwere Körbe trug, Lily.
Für Drecksarbeit war sie gut genug, Lily.
Sie verkauft lauthals Blumenkohl.
Die Landsleut draußen auf der Gass
hämmerten den Asphalt kraftvoll.

Schneewittchen hiess und rief man sie, Lily.
Doch darauf fiel sie nicht mehr rein, Lily.
Sie fand das nicht einmal gemein.
Selbst wenn sie auf die Zähne biss,
war sie sehr froh, dass sie so hieβ.

Sie liebte einen großen Blonden, Lily.
Heiraten wollte er sie gar, Lily.
Doch die Familie wollte nicht.
Es hieß, rassistisch sind wir nicht,
doch sowas gibt es bei uns nicht.

So versucht sie`s in Tennessie, Lily.
Dies grosse Land der Demokratie, Lily.
Sie hätte vorher nie geglaubt,
dass sogar dort die schwarze Haut
mit dem Wort Trübsal ist vertraut.

Bei einem Treffen in Memphis, Lily.
traf sie auf Angela Davis, Lily.
Die sagte, kleine Schwester, komm.
Zusammen sind wir ohne Furcht
vor dem Wolf, der den Jäger sucht.

Um zu bändigen ihre Furcht, Lily,
ballte auch sie die Faust vor Wut, Lily,
und ging mit einem Scharlatan
der Autobusse zündet an,
wo steht „No blacks“ am Eingang dran.

In deinem alltäglichen Kampf, Lily,
triffst du dann mal den richt`gen Mann, Lily.
Das Kind, das ihr dann werdet haben,
wird die Farbe der Liebe tragen,
wogegen man nichts machen kann.

Man fand sie eigentlich ganz hübsch, Lily.
Sie kam daher aus dem Mali, Lily,
mit Flüchtlingen in einem Boot
die alle kamen, aus purer Not,
zu leeren Mülltonnen für Brot.